Eine breite Frauenkoalition ruft dazu auf, am 20. Oktober mehr Frauen ins Parlament zu wählen. Die statistische Analyse der Kandidaturen zeigt: Erstmals kandidieren mehr als 40 Prozent Frauen für den Nationalrat. In fast allen Kantonen und auf den Wahllisten fast aller Parteien ist der Frauenanteil gestiegen. An Kandidatinnen fehlt es also nicht. Jetzt gilt es, die Frauen auch zu wählen. Das Ziel ist halbe-halbe: ein Parlament, in dem Frauen und Männer gleichermassen vertreten sind.
Die Frauendachverbände, die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen EKF und Nationalratspräsidentin Marina Carobbio rufen die Wählerinnen und Wähler auf, Frauenkandidaturen besonders zu berücksichtigen. Ziel ist es, im Parlament eine bessere Geschlechterbalance zu erreichen.
Heute beträgt der Frauenanteil im Nationalrat ein knappes Drittel, im Ständerat sind es nur 13%. Am Aufruf beteiligen sich die fünf Dachorganisationen alliance F, Evangelische Frauen Schweiz EFS, Schweizerischer Bäuerinnen- und Landfrauenverband SBLV, Schweizerische Gemeinnützige Frauen SGF und SKF Schweizerischer Katholischer Frauenbund. Zusammen vertreten sie über eine Million Frauen.
Motivationskampagnen tragen Früchte
Die Frauenorganisationen und die Parteien haben die Zeit seit den letzten nationalen Wahlen dazu genutzt, um die Untervertretung der Frauen zu thematisieren und Frauen für die Politik zu gewinnen. Das Projekt «halbe-halbe», lanciert 2018 von der Eidgenössischen Kommission für Frauenfragen und den Frauendachverbänden, die Kampagne «Helvetia ruft» von alliance F, die Website politfrauen.ch der Parlamentsdienste sowie zahlreiche weitere Initiativen in den Kantonen und Gemeinden haben Früchte getragen: Für die kommenden Nationalratswahlen kandidieren 1873 Frauen. Das sind 565 Frauen bzw. 5,8 Prozentpunkte mehr als 2015.
Vergleich zwischen aktuellen und zurückliegenden Frauenkandidaturen
Nachdem der Kandidatinnenanteil seit den Neunzigerjahren bei rund 35% stagniert hat (vgl. Grafik 1), wird 2019 mit einem deutlichen Sprung die 40-Prozentschwelle überschritten (40,3%). Dies zeigt eine statistische Analyse im Auftrag der Eidg. Kommission für Frauenfragen, die erstmals einen detaillierten Vergleich mit den Kandidaturen der letzten Wahlen bietet.
Fast alle Parteien haben zugelegt
Im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2015 hat sich der Anteil der Kandidatinnen bei sämtlichen Parteien gesteigert, ausser bei der BDP (-1,2 Prozentpunkte). Am stärksten angestiegen ist der Anteil der Kandidatinnen bei der GLP (+7,8 Punkte), der EVP (+6,9), der FDP (+6,6) und der CVP (+5,9) sowie bei den Grünen (+4,8). Bei der SP vergrösserte er sich um 4,1 Prozentpunkte, bei der SVP um 3,2 Punkte.
Die Kandidatinnen sind bei der SP und den Grünen in der Mehrheit
Bei den Parteien sind die Frauenanteile auf den Listen sehr unterschiedlich (vgl. Grafik 3). In der Mehrheit sind die Kandidatinnen auf den Wahllisten der SP und der Grünen (51,0% bzw. 55,4%). Die Grünen sind die einzige Partei, die in allen Kantonen gleich viele Frauen und Männer oder eine Frauenmehrheit auf den Listen haben. Bei der SP und den Grünen waren die Frauen auch bei früheren Wahlen besonders stark vertreten.
Über dem schweizerischen Durchschnitt von 40,3% liegt der gesamtschweizerische Frauenanteil auch auf den Wahllisten bei der EVP (48%) und der GLP (40,7%). Bei der CVP machen die Kandidatinnen 40% aus.
Unter dem Durchschnitt liegen die Kandidatinnen-Anteile der FDP, der BDP und der SVP. Bei der FDP beträgt der Frauenanteil 37,3%% und bei der BDP 31,4%. Auf den Wahllisten der SVP sind weniger als ein Viertel aller Kandidaturen weiblich (22,1%).
Frauenmehrheiten
Die Grünen treten in 13 Kantonen mit einer Frauenmehrheit an und stehen damit an der Spitze. Es folgen die SP und die CVP (8 bzw. 5 Kantone mit Frauenmehrheit auf den Listen). FDP und GLP präsentieren in je einem Kanton eine Frauenmehrheit. Für die SVP und die BDP kandidieren in keinem Kanton mehr Frauen als Männer.
Kein Kanton mit Frauenmehrheit
Trotz des Rekords: Die Kandidatinnen sind insgesamt in sämtlichen Kantonen auf den Wahllisten in der Minderheit. In keinem Kanton kandidieren mehr Frauen als Männer.
Zug und Basel-Stadt an der Spitze
Bei den Kantonen liegt Zug an der Spitze, wo 37 Frauen und 38 Männer kandidieren (49,3%). An zweiter Stelle folgt Basel-Stadt mit 45,9%(62 Frauen, 72 Männer). Am geringsten vertreten sind die Frauen auf den Wahllisten in St. Gallen (32,9%) und Schaffhausen (24,1%). (Vgl. Grafik 2). Mit 40,8% ist der Frauenanteil in den deutschsprachigen Kantonen am höchsten; in den französischsprachigen Kantonen beträgt er 39,4% und im Tessin 36,2%.
Höherer Frauenanteil in fast allen Kantonen
In 19 von 20 Proporzkantonen – in den sechs Majorzkantonen gibt es keine offiziellen Wahllisten und Kandidaturen – ist der Frauenanteil bei den Kandidierenden gestiegen; die Ausnahme bildet Schwyz (-1.5 Prozentpunkte). Den grössten Zuwachs verzeichnen die Kantone Neuenburg, Wallis und Thurgau (+10,4 bis +15,1 Punkte).