Der Bundesrat will die Situation von pflegenden Angehörigen verbessern. An seiner Sitzung vom 22. Mai 2019 hat er die Botschaft zum Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenpflege ans Parlament überwiesen. Das neue Gesetz regelt die Lohnfortzahlung bei kurzen Abwesenheiten und schafft einen bezahlten Betreuungsurlaub für Eltern von schwer kranken oder verunfallten Kindern. Zudem werden die Betreuungsgutschriften in der AHV erweitert und die Hilflosenentschädigung angepasst.
Die Arbeit von pflegenden Angehörigen ist ein sehr wichtiger Beitrag für die Gesellschaft und deckt einen erheblichen Teil der Gesundheitsversorgung ab. Die Vereinbarkeit der Betreuung von Angehörigen und Erwerbstätigkeit ist jedoch schwierig. Kurzabsenzen für die Betreuung von verwandten und nahestehenden Personen werden von rund zwei Dritteln der Unternehmen bereits heute gewährt und teilweise auch abgegolten. Das neue Gesetz sieht vor, im Obligationenrecht einen Anspruch auf bezahlten Urlaub für die Betreuung von Familienmitgliedern oder der Lebenspartnerin bzw. des Lebenspartners zu verankern. Der Urlaub darf jedoch drei Tage pro Ereignis und zehn Tage pro Jahr nicht übersteigen. Damit sollen für alle Erwerbstätigen die gleichen Voraussetzungen und Rechtssicherheit geschaffen werden. Die Mehrkosten für die Wirtschaft werden auf 90 bis 150 Millionen Franken geschätzt.
Betreuungsentschädigung für ein schwer krankes oder verunfalltes Kind
Wenn ein Kind durch Krankheit oder Unfall in seiner Gesundheit stark beeinträchtigt ist, befinden sich berufstätige Eltern in einer sehr schwierigen Situation. Derzeit haben sie keine andere Wahl als unbezahlten Urlaub zu nehmen, sich selbst krankschreiben zu lassen oder die Arbeit vorübergehend ganz aufzugeben. Davon sind jährlich ungefähr 4500 Familien betroffen. Zur Entlastung dieser Familien plant der Bundesrat die Einführung eines Betreuungsurlaubs von maximal 14 Wochen mit Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung; der Urlaub muss innerhalb von 18 Monaten bezogen werden. Die Entschädigung wird in die Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende und bei Mutterschaft integriert. Die geschätzten Kosten von 74 Millionen Franken können finanziert werden, ohne den aktuellen Beitragssatz von 0,45 % zu ändern.
AHV-Betreuungsgutschriften
Mit der neuen Gesetzesgrundlage soll zudem der Anspruch auf Betreuungsgutschriften in der AHV ausgeweitet werden. Heute haben pflegende Angehörige Anspruch auf eine Betreuungsgutschrift der AHV, wenn die pflegebedürftige Person eine Hilflosenentschädigung für mittlere oder schwere Hilflosigkeit beansprucht. Neu wird der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung leichten Grades ausgeweitet. Diese Massnahme hat Mehrkosten für die AHV von 1 Million Franken pro Jahr zur Folge. Der Anspruch auf Betreuungsgutschriften wird zudem auf Lebenspartnerinnen und Lebenspartner ausgeweitet, sofern sie seit mindestens fünf Jahren einen gemeinsamen Haushalt führen. Mit dieser Massnahme werden mehr pflegebedürftige Person selbstständig zuhause leben können.
Anpassung des Anspruchs auf Hilflosenentschädigung und Intensivpflegezuschlag
Die Auszahlung einer Hilflosenentschädigung und eines Intensivpflegezuschlags der IV für Kinder soll ebenfalls angepasst werden. Heute wird der Anspruch für jeden Tag, den das Kind im Krankenhaus verbringt, sistiert. Künftig soll der Anspruch erst dann sistiert werden, wenn das Kind einen ganzen Kalendermonat im Krankenhaus verbracht hat. Für die IV entstehen dadurch Kosten von jährlich 2,5 Millionen Franken. Die Massnahme verbessert die Situation der Eltern von behinderten Kindern, indem sie ihnen die Möglichkeit gibt, ihr Kind während eines Krankenhausaufenthaltes zu begleiten, ohne einen erheblichen Einkommensverlust zu erleiden.