An seiner Sitzung vom 1. April 2020 hat der Bundesrat Massnahmen für den Schutz der Gesundheit aller am Asylverfahren beteiligten Akteure beschlossen. Der Schutz vor Ansteckungen mit dem Coronavirus hat höchste Priorität. Es soll aber auch sichergestellt werden, dass die Kernfunktionen des Asylsystems aufrechterhalten und die Asyl- und Wegweisungsverfahren weiterhin durchgeführt werden können. Die zusätzlichen Massnahmen betreffen die Unterbringung, die Asylverfahren und den Wegweisungsvollzug. Die neuen Regeln sind auf vorerst drei Monate und im Unterbringungsbereich auf vier Monate befristet.
Die Asylverfahren sollen weiterhin durchgeführt werden, damit die Schweiz ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen kann. Menschen, die auf den Schutz unseres Landes angewiesen sind, sollen diesen auch in der aktuellen Situation rasch erhalten. Personen, die keinen Anspruch haben auf diesen Schutz, sollen die Schweiz nach einem ablehnenden Asylentscheid wenn möglich weiterhin verlassen. Eine Sistierung der Asylverfahren würde ausserdem zu Kapazitätsproblemen in den Bundesasylzentren (BAZ) führen und die Einhaltung der vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) empfohlenen Hygiene- und Verhaltensmassnahmen zur Bewältigung der Coronakrise in Frage stellen. Die Gesundheit aller am Asylsystem beteiligten Personen hat oberste Priorität.
Anpassungen in drei Bereichen
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat bereits zahlreiche Massnahmen getroffen, um die Empfehlungen des BAG umzusetzen: Unter anderem wurden die Unterbringungskapazitäten verdoppelt und die Befragungen bis am 6. April 2020 sistiert, um weitere Anpassungen vornehmen zu können. Die zusätzlichen Massnahmen, die der Bundesrat an seiner Sitzung vom 1. April beschlossen hat, verstärken den Schutz aller Personen im Asylwesen weiter und stellen gleichzeitig sicher, dass die Asylverfahren weiterhin rechtsstaatlich und fair durchgeführt werden können. Die Massnahmen betreffen insbesondere die Unterbringung in den BAZ, die konkrete Durchführung der Asylverfahren sowie den Vollzug der Wegweisungen abgewiesener Asylsuchenden:
Asylverfahren:
Bei der Befragung von Asylsuchenden soll die Anzahl der im gleichen Raum anwesenden Personen reduziert werden. Weitere Personen werden mittels technischer Hilfsmittel zugeschaltet. Das oberste Ziel ist es, die Gefahr von Ansteckungen mit dem Coronavirus zu minimieren. Die Befragung von Asylsuchenden kann ausnahmsweise auch dann durchgeführt werden, wenn die Rechtsvertretung in bestimmten Regionen pandemiebedingt nicht teilnehmen kann. Als flankierende Massnahme wird die Frist für das Einreichen einer Beschwerde gegen den Asylentscheid des Staatssekretariats für Migration (SEM) im beschleunigten Verfahren von sieben Arbeitstagen auf 30 Tage verlängert. Damit bleibt der Rechtsschutz in jedem Fall gewährt. Auch die unentgeltliche Rechtsvertretung, wie sie im Asylgesetz vorgesehen ist, ist nach wie vor gewährleistet.
Wegweisungsvollzug:
Wegen der aktuell geltenden Einreiserestriktionen vieler Länder und des stark eingeschränkten Flugverkehrs können die heute geltenden Fristen für freiwillige Ausreisen weggewiesener Asylsuchender neu auf 30 Tage verlängert werden. Bei einer ausserordentlichen Lage wie sie aktuell in der Schweiz besteht, gäbe es die Möglichkeit, die bereits verlängerten Ausreisefristen falls nötig zusätzlich zu verlängern.
Unterbringung:
Militärische wie auch zivile Anlagen können schneller und unkomplizierter für den Asylbereich umgenutzt werden. Auf diese Weise können notfalls zusätzliche Unterbringungsplätze bereitgestellt werden und die BAG-Empfehlungen zum Schutz der Gesundheit aller Beteiligten lassen sich in sämtlichen Bundesasylstrukturen bei einem allfälligen Anstieg des Bestands in den BAZ uneingeschränkt einhalten.
Die entsprechende Verordnung des Bundesrates tritt am 2. April 2020 für die nächsten drei Monate in Kraft. Die Massnahmen im Zusammenhang mit den Befragungen beginnen ab dem 6. April. Die Bestimmungen für die Unterbringung gelten für vier Monate.
Enge Zusammenarbeit mit den Kantonen
Der Bund, die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) und die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) sind sich einig, dass die Kernfunktionen des Asylwesens auch unter den aktuell erschwerten Bedingungen aufrechterhalten werden müssen. Die Bevölkerung in der Schweiz muss auch in Krisenzeiten auf einen funktionierenden Rechtsstaat zählen können. Bund und Kantone arbeiten eng und konstruktiv zusammen, um dieses Ziel gemeinsam zu erreichen und gleichzeitig den Schutz der Gesundheit aller Beteiligten weiterhin sicherzustellen. Der Bund weist den Kantonen deshalb auch weiterhin Asylsuchende zu.
Der Bund ist sich bewusst, dass die Kantone in nächster Zeit gefordert sind, weil sie zusätzliche Personen unterbringen müssen, deren Wegweisung aufgrund der Corona-Pandemie direkt ab einem Bundeszentrum nicht möglich ist. Da die Hygienevorschriften des BAG sowohl in den Bundeszentren als auch in den kantonalen Strukturen einzuhalten sind, sehen sich auch die Kantone gezwungen, vorübergehend zusätzliche Unterkünfte in Betrieb zu nehmen. Der Bund wird zeitnah mit den Kantonen eruieren, wo es noch Engpässe gibt und gemeinsam mit den Kantonen nach Lösungen suchen.
Entlastet wird das System seit einigen Wochen durch die deutlich tiefere Zahl von Asylgesuchen und damit Eintritten in die BAZ. Der Bund gibt diese Entlastung an die Kantone weiter, indem er die Zahl der zugewiesenen Personen entsprechend reduziert hat.
Der Bundesrat dankt den Kantonen sowie den Rechtsschutz- und Hilfsorganisationen, aber auch allen Betreuerinnen und Betreuern in den Bundesasylzentren für die gute Zusammenarbeit, die Solidarität und das grosse Engagement zugunsten eines funktionierenden Asylwesens.